Aachener Zeitung 28.11.2025:
Klaus Hoffmann sucht sich
Klaus Hoffmann: "Ich bin" (Stille Music/Indigo)
Keck behauptet der Berliner Chan-
sonnier Klaus Hoffmann im
Titelstück seines neuen Albums: „Ich bin“.
Als ob ihm das irgendjemand,
der mit seinem Gesamtwerk vertraut ist,
abkaufen würde!
Seit Jahr und Tag befindet sich der
Mann, dem auch die Schauspielerei
bestens zu Gesicht steht, auf der
Selbstsuche. Es mag ja sein, dass er
sich kurz vor der Vollendung seines
75. Lebensjahres ein Stück näherge-
kommen ist.
Aber zum Glück bleibt der Trou-
badour weiterhin ein Suchender.
Seine Lieder dienten unzähligen
Menschen über die Jahrzehnte als
Projektionsflächen für Erkundungs-
reisen zum Kern ihrer Persönlich-
keit. Oder aber zumindest zu den
Wurzeln dessen, was sie zu sein
glauben. Flankiert von vier exzellen-
ten Musikern, setzt er das Trachten
nach der eigenen Wahrheit mit
frischem Elan fort. Er bleibt dabei
wie gehabt viel zu allumgreifend
musikbegeistert fürs reine Lieder-
macherfach. Inhaltlich ist diesmal
ein verstärktes Bewusstsein fürs
Endliche der Gedankentreibstoff,
aus dem Hoffmann feinmotorisch
artikulierte Sorglosigkeit gewinnt.
„Es schneit“ lässt in Burt-Bacha-
rach-Manier die Gleichzeitigkeit der
Dinge zwischen Anfang, Ende,
glühender Verehrung und Bezie-
hungsausfahrt skurril leicht er-
scheinen. Der Geist seines großen
Bruders Jacques Brel schaut Hoff-
mann im traumjagenden Titelsong
wohlwollend über die Schulter.
Erinnerungen, so mehrdeutig wie
widersprüchlich, setzt der Mann
von der Spree in „Deshalb bin ich
hier“ in den Kontext der nimmersat-
ten Sehnsucht. Steinerweichend
rührend ist das Duett „Ich geh auf
deinen Straßen“, in dem Hoffmann
mit seinem Freund Reinhard Mey
herrlich selbstironisch dialogisiert.
Die Nummer macht zudem mit
einem grandiosen Plädoyer für
Musiküberzeugungstäter auf: „Wir
brauchen Fachkräfte in Sachen
Träume.“ Wenn im letzten Stück die
Frage „Bist du bereit?“ aufkommt,
fühlt es sich längst einmal mehr
erbaulich-gut an, dem freundlichen
Dichterfachmann Hoffmann zu
lauschen. Am 19. Februar 2026 tritt
er in Düsseldorf auf. (ML)
paperpress Nr. 641-13 vom 15.09.2025
Von Ed Koch
Schnuckedönschen
An den Pumpernickelscheiben, belegt mit allerlei Köstlichkeiten, kommt man bei einem Besuch in der Bar jeder Vernunft nicht vorbei, auch wenn eine
Platte mit zehn Häppchen, einschließlich zwei Buletten mit Senf,inzwischen 17,50 Euro kostet. Ob sich der Preis senken würde, wenn die Mehrwertsteuer
von 19 auf sieben Prozent fiele, weiß man nicht.
Vor dem letzten Konzert von Klaus Hoffmanns „Flügel“-Reihe konnte man bei schönstem Spätsommerwetter gestern noch vor der Bar speisen. Heute siehts ja nicht so gut aus mit dem Wetter.
Während in NRW die Stimmen ausgezählt wurden und Deutschland jetzt auch Basketball-Europameister ist, war in der Bar wieder eines dieser wunderba-
ren Konzerte von Klaus Hoffmann zu erleben. Keines gleicht dem anderen, immer wieder stellt er die Reihenfolge um und sorgt für Abwechselung. Und, es
gelingt ihm in den Geschichten aus seinem Leben, die er zwischen den Liedern erzählt, neue Gags einzubauen. Auf die Klassiker „Uelzen“ und die Sache mit der Fernbedienung verzichtet er natürlich nicht. Der Bekanntheitsgrad von Uelzen ist ohnehin größer geworden, seitdem man dort auf dem Weg nach Hamburg während der Strecken-sanierung vorbei muss.
Auf die Dauerbrenner „Blinde Katharina“, „Amsterdam“ und dem berühmten „selben Mond über Berlin“, muss das treue Publikum, das gern mitsingt,auch nicht verzichten. „Hawo geht jetzt andere Wege“, sagt Klaus Hoffmann mit Blick aufs Klavier,an dem nun der hochtalentierte Nicolai Orloff als Nachfolger von Hawo Bleich sitzt.
Was für ein entspannter Abend, abseits dessen, was draußen in der Welt passiert, Klaus Hoffmann in seinen Texten aber nicht unberührt lässt, wenn er beispielsweise über Odessa singt. „Im Osten geht die Sonne auf, in Odessa leider nicht“, heißt es im Lied.
Heute geht’s für zwei Wochen mit seiner Band nach München ins Studio. Das neue Projekt heißt „Ich bin“. Dreizehn Titel werden auf dem Album zu hören sein. Ja, Klaus Hoffmann ist, und das hoffentlich noch lange. Im März 2026 wird er 75, gefeiert wird
in der Berliner Philharmonie, der Hamburger Laeiszhalle und dem Aegi Theater in Hannover, eine Drei-Städte-Tour, die Tradition hat. In Berlin wird sein Freund Reinhard Mey dabei sein, auch mit einem Titel auf dem neuen Album.
Kieler Nachrichten 27.08.2025:
"Meine Lieder sind im Grunde Kinderlieder"
Frisch wie eh und je: Klaus Hoffmann bot im Kieler Metro-Kino eine musikalische Lesung voller eindringlicher Erinnerungen
von Sabine Tholund
Klaus Hoffmann ist ein gern gesehener Gast in Kiel. 2023 war er zuletzt hier - auf der Freilichtbühne Krusenkoppel. Nun kam er gleich für zwei Auftritte am Montag und Dienstag nach Kiel: Ins Metro-Kino hat er neben seiner Gitarre seie bereits 2012 erschienene Autobiografie "Als wenn es gar nichts wär" mitgebracht.
"Das Buch ist gut", befindet er mit augenzwinkerndem Blick auf das zerlesene Exemplar. Als Geschichte seines Lebens bilde es den Grundstoff seiner Lieder. "Meine Lieder sind insofern im Grunde Kinderlieder", sagt der 74-jährige. Denn "politisch" sei er quasi "unter aller Sau" und "gehöre keiner Fahne an". agt er. Und relativiert das Gesagte umgehend mit der Frage:"Wo sind eigentlich die Tyrannenmörder, wenn man sie braucht?"
Von Altersmilde ist bei Hoffmann nicht viel zu spüren. Ein von Ironie geprägter Unterton beherrscht sein frotzelndes Geplänkel mit dem Publikum. Um sein fortgeschrittenes Alter geht es immer wieder und darum, dass die Menschen im Saal scheinbar ähnlich viele Jahrs auf dem Buckel haben.
Doch Thema ist vor allem das Leben des Sängers und Liedermachers, der in Berlin-Charlottenburg aufwuchs und auf eine nicht ganz einfache Kindheit zurückblickt. Eindringlich sind seine Erinnerungen, die Bilder entstehen lassen vom Leben in einer vom Krieg gezeichneten Stadt.
Als Hoffmann zur Gitarre greift und das Lied vom "König der Kinder" anstimmt, geht ein zustimmendes Raunen durch den Saal, das in ein andächtiges Summen übergeht und begeistertem Applaus mündet. Dieses Muster zieht sich durch den Abend. Kurzen Lesepassagen folgen Gesangseinlagen, darunter "Oh, mein Gott ist weit", das an den frühen Tod seines Vaters erinnert. Hoffmanns Stimme klingt dabei so frisch und sanft wie eh und je, kann schmelzen und erstaunliche Höhen erklimmen.
Aber sie kann auch rau und kratzig sein, wie später in "Amsterdam", dem Song von Jacques Brel, mit dem er den zweiten Teil des Abends einleitet.
"Afghana" heißt der autobiografische Roman. Er erzählt von der abenteuerlichen Reise nach Goa, die sein 18-jähriges Alter-Ego mit einem Freund in einem VW-Käfer antritt. Mit viel Haschisch und Hindernissen führt die Reise durch Afghanistan, das nicht nur positive Überraschungen bereithält.
Hoffmann singt und erzählt, erzählt und singt - auch a capella - und erntet am Ende begeisterten Applaus.
boysen-medien Zeitung DLZ 05.08.2025:
"Weil er nicht ist wie alle anderen"
Wesselburen, St. Bartolomäus Kirche
03.08.2025
Zum ersten Mal konzertierte Klaus Hoffmann an der Westküste. Sein Debüt war ein facettenreiches Wechselspiel zwischen Liedermacher und Publikum
Von Henning Voß
Ein Programm von etwa zwei-
einhalb Stunden, dargebo-
ten von einem Routinier mit
einem halben Jahrhundert Bühnen-
präsenz und einem mittlerweile et-
wa 400 Lieder umfassendem Reper-
toire – Klaus Hoffmann sollte sein
gut 500 Zuhörer zählendes Publi-
kum in der Hebbelstadt nicht ent-
täuschen. Dass er und sein Pianist
Nikolai Orloff nur nach zwei Zuga-
ben und mit stehenden Ovationen
entlassen wurden, dürfte nicht über-
raschen. Hoffmann zeigte sich aus-
gesprochen auftrittsfreudig, was der
74-Jährige auch auf seine Zuhörer
zurückführte. „Das war ein tolles Pu-
blikum“, sagte Hoffmann nach dem
Konzert im Gespräch mit unserer
Zeitung, es sei „zwischen leise und
dynamisch“ gewesen.
Dieser Satz des Künstlers gilt
durchaus auch für ihn selbst. Hoff-
mann ist ein Meister der leisen Tö-
ne, seine Texte sind filigran, vieles
steckt zwischen den feinfühligen
Zeilen. „Klaus Hoffmann ist ein Was-
serträger, er trägt zur Karawane das
Seelenwasser“, sagte Pastor Simon
Luthe in seiner Begrüßung. Ein Satz,
den Luthe Hoffmann zuschrieb. Der
wiederum griff dieses Wort humo-
rig auf.
Überhaupt der Humor: Klaus
Hoffmann ist auf der Bühne ebenso
launiger Entertainer wie tiefsinniger
Chansonnier. Der Berliner spult sein
Programm nicht herunter, vielmehr
begleitet er seine Lieder, ein Streif-
zug durch sein 50-jähriges Schaf-
fen, mit viel Augenzwinkern und
Witz, wobei er ständig den Kontakt
zum Publikum sucht. Hoffmann er-
zählt von seinen frühen Jahren in
Berliner Szenekneipen, in denen er
glattrasiert auftrat und so ganz an-
ders aussah als seine damaligen Zu-
hörer. „Damals trugen alle Bart, so-
gar die Frauen. Nur ich nicht, ich war
der Rebell unter den Rebellen.“ Er
plaudert über seine abenteuerliche
Reise mit einem Freund, im Käfer
Richtung Goa, jäh unterbrochen von
einem Unfall. Den überstanden er
und sein Begleiter unverletzt.
Klaus Hoffmann sang in Wessel-
buren Stücke seines aktuellen Al-
bums „Flügel“, etwa „Neuer Mor-
gen“, „Kinder“, „Bin nicht Meer, bin
nicht Sand“ oder „Kein Held“. Und,
natürlich, ältere Stücke wie „Weil du
nicht bist wie alle anderen“ und ei-
nige seiner Brel-Interpretationen.
Wer bereits Ende der 1970er-Jahre
Hoffmanns deutsche Adaptionen
von Jaques-Brel-Klassikern wie
„Amsterdam“ oder „Ne me quitte
pas“ („Bitte geh nicht fort“) gehört
hat, wird bemerkt haben, dass sich
die Übersetzungen im Vergleich zu
den früheren Fassungen etwas ver-
ändert haben. So wie sich der
Sprachgebrauch in Teilen der Ge-
sellschaft verändert hat, was Klaus
Hoffmann nicht unkommentiert
ließ, als er von dem Kopf eines Hir-
sches über dem Kamin sprach:
„Oder soll ich Hirschin sagen? Heu-
te musst du vorsichtig sein.“ Und
fügte hinzu: „Es ist unglaublich, was
wir heute so fabrizie-
ren.“
Im positiven Sinne unglaublich war, was Klaus Hoffmann an diesem Sonntag-
abend fabrizierte: spitzbübisch, hintergründig. Dabei
kokettierte der Liedermacher auch
mit dem Träger der Kanzel, einer
Skulptur von Moses und Johannes,
dem Täufer. Auch hier nicht respekt-
los, sondern augenzwinkernd. Aller-
dings gab es auch einen Wermuts-
tropfen: Das Publikum in den hin-
teren Reihen beklagte während der
ersten Hälfte die schlechte Tonqua-
lität, Hoffmann war kaum zu verste-
hen. In der zweiten Hälfte war das
dann deutlich besser, hieß es von ei-
nigen Zuhörern.
Dieser überaus gelungene Abend
ist drei Wesselburenern zu verdan-
ken. Bernd Nommensen, Carl Ger-
hard Spilcke-Liss und Kirchenmu-
sikdirektor Gunnar Sundebo hatten
vor etwa einem halben Jahr den
Kontakt zu Klaus Hoffmanns Agentur
aufgenommen und das Konzert organi-
siert – ein Debüt wie Hoffmanns Auftritt an der Westküste selbst. „Wir sind ein kleiner lokaler
Kulturkreis“, stellte Nommensen
das Trio in seiner Begrüßung vor.
„Unser Motto ist, die Künstler unse-
res Herzens zu präsentieren. Und
heute haben wir hier einen Künst-
ler, der mich seit 35 Jahren durch
mein Leben begleitet.“ Nach dem
äußerst gelungenen Auftakt mit
Klaus Hoffmann bleibt zu wün-
schen, dass die drei Kulturfreunde
beizeiten nachlegen.
Klaus Hoffmann überzeugte sein Publikum in Wesselburen nicht nur mit seinen Liedern, auch seine Qualitäten als Entertainer konn-
ten sich sehen lassen.
Westfalenpost 10.04.25
Altmeister des deutschen Chansons begeistert Publikum
Christoph Clören

Herdecke. Klaus Hoffmann entführt Zuhörer auf dramaturgisch klug konzipierten „Rundflug“ durch alle Spielarten der hohen Liedkunst

Neben Reinhard Mey und Hannes Wader ist Klaus Hoffmann der letzte „Altmeister“ / „Grandseigneur“ des deutschen Chansons. Davon konnten sich am Sonntagabend die eingeschworenen Fans im restlos ausverkauften Werner-Richard-Saal in Herdecke überzeugen.

Im Fokus des aktuellen Programms stand sein letztes und 50. (!) Album mit dem programmatischen Titel „Flügel“. Der Name ist Programm: Begleitet von Hawo Bleich an Klavier und Keyboard entführte der in seiner mittlerweile ein halbes Jahrhundert währenden Laufbahn weit herumgekommene Schauspieler und Sänger die Zuhörer auf einen ausgedehnten, dramaturgisch klug konzipierten „Rundflug“ durch alle Varianten und Spielarten der hohen Liedkunst mit vielfältigen Einflüssen deutscher und französischer Chansons sowie irischer Folklore garniert mit einem beschwingten Schuss Latin-Jazz.

Schon Theaterlegende Boy Gobert erkannte im jungen Schauspiel-Eleven Hoffmann Anfang der 70er den idealen Interpreten der Chansons von Jacques Brel – Klassiker wie „Amsterdam“, „Mein Flanderland“, „Adieu Emile“ u.a. von Hoffmanns legendärem Live-Album „Wenn ich sing“ aus dem Jahre 1977 wurden jahrelang in zahlreichen Studenten-WGs und Alternativ-Kneipen beim wehmütigen Räsonieren über Gott und die Welt sowie Ertränken von Liebeskummer rauf und runter buchstabiert. Spätestens mit dem Album „Ciao,Bella“ von 1985 entwickelte Hoffmann ein eigenes Profil als Liedermacher und Songschreiber.

Klaus Hoffmanns eigene Balladen verströmen ebenso wie seine unerreichten Interpretationen von Liedern Jacques Brels bittersüße Melancholie, engagierte Leidenschaft und die Sehnsucht nach Freiheit und Liebe und einer besseren Welt, ohne auch nur eine Sekunde in sentimentalen Kitsch und überzogenen Pathos zu verfallen. Einer heikle Gradwanderung, die dem Barden aus Berlin nach wie vortrefflich gelingt. Flammende Plädoyers gegen den Kriegsdienst („Kein Held“), gegen die Verherrlichung falscher Götzen und Ideale in der Gesellschaft und erzwungenen Konsumterror („Ich gehe ins andere Blau“) wirken ebensowenig aufgesetzt wie die flammend artikulierte Sehnsucht nach Liebe („Mon Amour“) und die Angst vorm Verlassenwerden (Brel-Adaption „Geh nicht fort von mir“ mit frisch aktualisiertem Text).

Dabei sorgt Tastenbegleiter Hans-Wolfgang Bleich mit atmosphärischen Sounds und Streicherfiguren vom Synthie sowie einfallsreichen, immer neu entwickelten Melodien vom Klavier gleichermaßen für das passende akustische Ambiente als auch einen fantasievollen Kontrapunkt zu Hoffmanns Melodien und seinem fließendem Spiel auf der Akustik-Gitarre. Mit augenzwinkernder Selbstironie und zuweilen bissigem Zynismus nahm Hoffmann als Conferencier in seinem Zwischen-Ansagen sich selbst beim Thema Älterwerden aufs Korn – nicht ohne sarkastische Seitenhiebe in Richtung Publikum.

Nach 50 Jahren intensivstem Bühnenleben hat der Vollblut- Chansonnier, Schauspieler und Entertainer kein Quentchen von sympathischem Humor, suggestiver poetischer Erzählkraft, charismatischer Bühnenpräsenz und stimmlicher Qualität eingebüßt. In den unvermeidlichen Zugaben ging der symphatische Sänger bei „Mein Kiez“ auf Tuchfühlung mit dem Publikum – ein „Star“ zum Anfassen ! Die geneigten Zuhörer revanchierten sich, in dem sie den letzten Song „Derselbe Mond“ lauthals mitanstimmten und dem Sänger glatt die Arbeit abnahmen – ein für alle Beteiligten rundum beglückender Abend!
Berliner Morgenpost 30.11.2024
Klaus Hoffmann erfreut sich an Berlins Baustellen
Der Liedermacher denkt in der Philharmonie an seine Kindheit zurück
Ulrike Borowczyk
Der Tod des Vaters war die Tragödie mit Ansage in seinem damals noch sehr jungen Leben. Immer wieder kreist Klaus Hoffmann in seinen Liedern um diesen prägenden Moment. Auf seinem aktuellen Album "Flügel", dem 50. Longplayer seiner 50-jährigen Karriere, heißt der Song dazu "Oh mein Gott ist weit". Er besingt einen Engel, der Hoffmann im Traum erscheint wie vielleicht der Vater dem Kind. Das erhofft sich von ihm Halt und Weisung in einer unsicheren Zeit, in der ihm alle plötzlich sagten, nun sei er der Mann im Haus. Angesichts der multilateralen Krisen auf der Welt lässt sich das Stück selbstredend auch allgemeingültiger interpretieren. Wie viele der zeitlosen Songs des Musikers.
Live beim Konzert in der Philharmonie performt Klaus Hoffmann das Lied mit einer wehmütigen Hingabe, die so ganz anders ist als seine launigen Moderationen. Dabei lässt er den Schauspieler von der Leine, der den Sänger zuweilen zu übertrumpfen scheint. So erzählt er mit sichtlicher Lust am Fabulieren, er sei gerade mit der Band im Privatflieger aus Uelzen gelandet und habe sich auf seine Heimatstadt Berlin mitsamt aller Baustellen gefreut. Und schon unterläuft er die Erwartungen, die das Publikum nun mal bei einem Konzert hat. Statt Musik zu machen, redet er und zieht erst mal das Jackett aus, bevor er den ersten Ton singt.
Zunächst müssen aber alle Geschichten raus. Obwohl Klaus Hoffmann der Überzeugung ist, es seien immer dieselben aus der Nachkriegszeit, die er da zum Besten gibt. Aber so einfach ist es bei dem 73-jährigen natürlich nie, wenn er von der Kindheit in Charlottenburg, der Jugend in Zehlendorf und der Liedermacher-Szene in den 1970ern in West-Berlin erzählt.
Dabei kommt sein inneres Kind ziemlich vorlaut zum Vorschein. Streicht den Menschen in Reihe eins schon mal über den Kopf. Plaudert von der Mutter, die aussah wie die Callas, aber Schnulzenstar Bata Illic hörte. Für den Vater kaufte er Cognac in rauen Mengen, damit der überhaupt lachen konnte. Ein Versehrter. Äußerlich gezeichnet von Krankheiten, innerlich vom Krieg. Der Junge in Klaus Hoffmann überspielt diese Brüchigkeit des Lebens mit humorigem Charme. Aber wenn er nachts im Durchgangszimmer lag, hörte und verstand er alles.
Nach dem Tod des Vaters erkannte er, dass viele Lieder in ihm steckten. So bekam und bekommt er die Kurve zum Gesang - und schlägt den Bogen zur Gegenwart. Zu den Kriegen überall, die ihn umtreiben und fragen lassen: "Wo sind eigentlich die Tyrannenmörder, wenn man sie braucht?" Da darf Jacques Brel, Hoffmanns Bruder im Geiste, genauso wenig fehlen wie dessen Antikriegssong "Marieke". Den stimmt der Liedermacher leise auf seiner akustischen Gitarre an, begleitet von Hawo Bleich an den Tasten sowie Michael Brandt an der E-Gitarre, Peter Keiser am Bass und Walter Keiser am Schlagzeug. Ein stimmiges, traumhaftes Arrangement. Am Ende scheint es, als habe Klaus Hoffmann seiner Biografie wieder ein Mosaiksteinchen hinzugefügt.
Hamburger Abendblatt 27.11.2024
"Mensch mit Fehlern und viel Herz"
Der Liedermacher Klaus Hoffmann zieht bei seinem Auftritt in der Laeiszhalle alle Register
KULTUR
Tino Lange
Hamburg. „Sie sind das beste Publikum, das wir heute auftreiben konnten“, sagt Klaus Hoffmann gleich zu Beginn seines Konzerts in der Hamburger Laeiszhalle. „Manche sind aus Berlin gekommen, manche aus Uelzen, wie sich das gehört. Manche sind jünger, aber bei manchen frage ich mich, ob sie die zweite Konzerthälfte noch erleben.“
Ja, bitte recht freundlich, Herr Hoffmann! Aber so ist sie nun mal, die Berliner Schnauze. Im Fall des Liedermachers von der Spree ist sie
aber selten pampig. Vulgär, ja. Aber auch feingeistig. Berührend und zärtlich. Dann wieder dreist und voll daneben. Bei Klaus Hoffmann(73) kommt so unglaublich viel zusammen. Der Hintergrund des kleinbürgerlichen Milieus im West-Berlin der 50er- und 60er-Jahre, jener der Kneipen-Kleinkunst bei einem Glas Mampe Halb & Halb. Das Aus- und Aufbrechen auf den Hippie-Trail nach Afghanistan. Großes Theater an der Berliner Freien Volksbühne und am Hamburger Thalia Theater in den 70ern. Der Liedermacher mit 50 Alben (2023 erschien „Flügel“) und kaum weniger Tourneen.

Was für ein Prachtexemplar, das da bei den ersten Songs „Neuer Morgen“ und „Kinder“ durch die ersten Reihen läuft und einen Aussetzer gleich zum Witz macht: „Jetzt habe ich einen Texthänger, da hätte ich auch gleich zu Hause bleiben können.“ Unmittelbar davor blickte er noch in die Abgründe des Weltgeschehens: „Kinder sind die Leidtragenden, ob in Palästina oder Israel.“ Noch ein Bruch, zurück in die eigene Kindheit, zum „Markttag“. So einer wie Hoffmann wird heute nicht mehr gebaut. Diese Generation der Sänger, mit Hoffmanns Freund und Trauzeugen Reinhard Mey, mit Hannes Wader („Kennen Sie den noch?“) oder Konstantin Wecker hat heute mehr hinter als vor sich.
„Weil du nicht bist wie die andern“ ist eine Art Selbstbeschreibung Hoffmanns und bekommt den ersten großen Applaus der rund 1000 Fans im Saal. Verdient ist der sehr an diesem Hamburger Montag, an dem Hoffmann „Berliner Sonntag“ singt. Seine Band mit Michael Brandt (Gitarre), Hawo Bleich (Flügel und Keyboard), Peter Keiser(Bass) und Walter Keiser(Schlagzeug) spielt beinahe perfekt seriös, erträgt stoisch ewiges Nachstimmen von Hoffmanns Gitarre und unterlegt auch seine Erzählungen mit sanften, geduldigen Akkorden.
„Über unserem Sofa hing ein Bild mit einem Hirsch … oder Hirschin … man muss ja jetzt aufpassen mit dem Gender-Scheiß“, mault Hoffmann, um direkt wieder die andere Perspektive einzunehmen: „Scheiße darf man sagen, aber nicht Gender.“ Mit seinen Sprüchen zielt er immer auch auf sich, stellt sich bloß, entblättert sich geradezu: „Ich hatte mit 24 eine Nacktrolle, meine Hoden glänzten wie leuchtende Birnen.“ Ja danke, Herr Hoffmann, wirklich gut zu wissen!
Harald Juhnke oder Bob Dylan? Ingo Insterburg oder Bruce Springsteen? Jacques Brel oder Léo Ferrét Gardinenkneipe oder Audimax? Gosse oder Goethe? Hoffmann,dieses einstige Theater- und Filmtalent („Die neuen Leiden des jungen W.“), erweist sich in seinem mit Pause fast drei Stunden langen „Flügel“-Programm wie vor zwei Jahren ebenfalls in der Laeiszhalle wieder als herrlich sprunghaft bei seinen Inspirationen und Themen, auch wenn man die Lieder der beiden Konzerthälften grob in Nachkriegszeit sowie Liebe und Leben trennen kann. Nur direkt politisch wird er selten, aber in einigen Songs wie „Melancholia“, das dem Traum des Friedens zwischen Völkern und Religionen nachtrauert, oder dem neu-en „Bin nicht Meer, bin nicht Strand“ über den Ukraine-Krieg und mit Spitzen gegen Donald Trump oder Sahra Wagenknecht deutet er seine Haltung an. Einen Satz wie „Ich steh auf Scholz im April ... Merz“ lässt er allerdings wohl eher als Wortspiel zur Unterhaltung fallen.
Der Saal ist voll und ganz dabei. Reaktion und Gegenreaktion durch Zwischenrufe, Applaus, Mitklatschen, Mitsingen. Das Publikum jubelt frenetisch, als Hoffmann „Kein Held“ und „In meinem Kiez“ singt. Er ist in der Laeiszhalle kein Held,auch kein Künstler, sondern ganz Mensch mit Fehlern, Irrtümern, aber viel Herz. In der Welt der perfekt durchchoreografierten Konzert-Events ist sein Auftritt so live, wie live nur sein kann.
Der Abend wird lang, und Klaus Hoffmann und Band machen für die Zugaben noch mal die Putzlicht-Musik aus. Besonders „Heut Nacht“ und „Derselbe Mond über Berlin“ sind versöhnlich zärtlich und werden vom Publikum geradezu sehnsuchtsvoll mitgeraunt. Wohlwissend, dass draußen kein Mond scheint, sondern nur die Frontlinie der wartenden Taxis.
NDR-Kultur 24. November 2024
Klaus Hoffmann "Gehe jetzt in die zweite Lebenshälfte"
Seine größten Hits hatte er in den 70er-Jahren - doch Klaus Hoffmann hat nichts von seinen Entertainer-Qualitäten eingebüßt und verfügt immer noch über eine sehr treue Fangemeinde. Heute tritt er in der Hamburger Laeiszhalle auf.
von Stephan Bartels

Es gab eine Zeit, da war Klaus Hoffmann ein echter Superstar. Das war, als er Lieder wie "Adieu Emile" sang, Mitte der 1970er-Jahre. Er war ein gefeierter Schauspieler, verkaufte Millionen von Platten und hing als Poster in jedem zweiten weiblichen WG-Zimmer.
"Hamburg war immer der Beginn von etwas Neuem"

Ein halbes Jahrhundert später ist sein Ruhm etwas kleiner geworden, aber er ist immer noch da. Am Montag zum Beispiel in der Laeiszhalle, in einer Stadt, zu der dieser ewige Berliner eine besondere Beziehung hat. "Hamburg war immer der Beginn von etwas Neuem", erzählt Hoffmann. "Das Lied 'Was fang ich an in dieser Stadt', habe ich in Hamburg geschrieben, am ersten Tag. Völlig schräg. Ich brauchte die Distanz zu dieser Klamotte Berlin."

Damals hatte ihn Boy Gobert aus der "Klamotte Berlin" ans Thalia Theater geholt. Große Hoffnungen wurden in den jungen Mann gesetzt, aber die Schauspielerei war es dann langfristig doch nicht für Hoffmann. Anfang der 1980er-Jahre entschied er sich fürs "Liedermachen", so hieß das damals noch, und hat bis heute nicht damit aufgehört.
"Alle meine Lieder": Sammlung mit allen Songtexten

Gerade hat Hoffmann ein Buch mit all seinen Songtexten veröffentlicht. Ist "Alle meine Lieder" schon eine Art Vermächtnis? "Nee, nee", wiegelt er ab. "Aber in dem Buch ist mein gesamtes Archiv drin - ungefähr 360 Lieder. Ich gehe jetzt, würde ich sagen, in die zweite Hälfte meines Lebens mit 73."

Von der ersten Hälfte singt und erzählt er unermüdlich auf seinen Konzerten - und das sehr unterhaltsam. Abende mit Klaus Hoffmann sind nostalgisch, persönlich, irgendwie warm und ziemlich lustig. Dabei merkt man: Der Schauspieler steckt immer noch in ihm - und er war ein ziemlich guter, was jeder weiß, der einmal "Die neuen Leiden des jungen W." gesehen hat.
Die eigene Geschichte als Futter fürs Bühnenprogramm

Was früher war, beschäftigt Hoffmann. Seine eigene Geschichte ist Futter für seine Bühnenprogramme. Und die Beziehung zu Malene, seiner Frau, die er 1980 an einem Strand auf Kreta gefunden hat.

Stand jetzt wird der Abend in der Laeiszhalle am Montag nicht das letzte Hamburg-Konzert von Klaus Hoffmann sein - aber ganz sicher ist er sich dann doch nicht. "Da vermittelst du Botschaften, die du dein ganzes Leben erzählt hast", sinniert der Künstler über seine Konzerte. "Du machst es nur ein bisschen besser, und wenn du Pech hast, klüger, und dann kann das Routine werden. Dann muss ich sehen, ob das noch stimmt. Wenn das wegbricht, dann würde ich aufhören. Aber nur dann."

https://www.ndr.de/kultur/musik/pop/Klaus-Hoffmann-Gehe-jetzt-in-die-zweite-Lebenshaelfte-,hoffmann576.html
Westdeutsche Zeitung 17. November 2024
"Konzert von Klaus Hoffmann in Düsseldorf"
Klaus Hoffmann begeistert in der Düsseldorfer Tonhalle
Plauderer, Sänger, Menschenfänger
DÜSSELDORF · Er ist Musiker, Liedermacher, Chansonnier und ein äußerst unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Klaus Hoffmann wickelt bei seinem Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle das Publikum ein. Bringt es zum Lachen, ach, zum Prusten und stimmt es dann wieder mit seinen Liedern melancholisch.
„Mischung aus Yves Montand und Hildegard Knef“: Klaus Hoffmann nimmt sich gerne selbst auf die Schippe.

Von Peter Kurz

Anders als andere Musiker es halten, stellt Hoffmann als allererstes seine Bandmitglieder vor, die ihn teilweise schon seit Jahrzehnten durch die Konzertsäle begleiten und mit ihm seine 27 Studioalben und 17 Live-Alben produziert haben. Welch ein Repertoire, aus dem der Sänger da schöpfen kann – auch aus seinem jüngsten Album „Flügel“, das gut gemischt ist mit alten Liedern.

All die Songs, die er an diesem Abend singt, lassen sich nachhören. Wie sein „Ich hab’s gewusst“, „Wegen Dir“, „Wenn“, „Stille“, „König der Kinder“ oder das hymnische „Derselbe Mond wie über Berlin“. Und das von Hoffmann wunderbar interpretierte Herman-van-Veen-Stück „Ich lieb dich noch“. Für die Geschichten, die Plaudereien und die Art, wie Hoffmann sie vorträgt und sich dabei in die Herzen der Zuhörer quasselt, muss man schon in ein Konzert gehen.

Schon beim zweiten Stück hat er die Menschen für sich eingenommen. Da geht er von der Bühne ins Publikum, kollidiert dort fast mit einer zu spät angekommenen Zuschauerin, fragt sie: „Suchst du dein Zuhause?“ Weist ihr ihren Platz an. Geht weiter, streichelt einer Dame in der ersten Reihe die Wange und dem neben ihr sitzenden Kahlschädel die Glatze. Seinem eigenen Schlagzeuger, ebenfalls kahlköpfig, rät er, sich doch mal um seine Frisur zu kümmern.

Vor allem aber nimmt er sich selbst auf die Schippe, wenn er über den pfauenhaften Stolz seiner Jugend spricht: „Ich sah phantastisch aus, aus den Fenstern hingen sie, staunten: Da geht er, der Junge, der wird eine Karriere machen, mit seiner ausgewogenen Sexualität.“ Und: „Ich war so eine Mischung aus Yves Montand und Hildegard Knef.“ Da schweift er auch schon wieder ab, wie so oft an diesem Abend, kommt auf Yves Montand zu sprechen. Der sei mal in Cowboyklamotten aufgetreten, da habe ihm Edith Piaf gesagt, er solle das lassen, er singe doch nicht vor Rindern!

Früher, ja früher da hätten sich die Frauen, wenn das Konzert zu Ende war, vor den Bentley geschmissen. „Manche warfen uns Geld auf die Bühne, bitte setzen Sie gern die Tradition fort“, ruft er jetzt ins Publikum. „Oder sie bewarfen uns mit Dingen, mit denen wir nichts anfangen konnten: Unterwäsche, Winterreifen und so etwas.“ Und heute? „Ja, da sitzen wir Musiker in der Garderobe und reden über PSA-Werte und künstliche Darmausgänge.“ Und die Fernbedienung des Fernsehers malträtiere er so lange, bis der Nachbar klingelt, um sich zu beschweren, dass das Garagentor immer hoch- und runtergeht.

Wer sich so selbst verspottet und mit seinem Alter (73) kokettiert, der darf das auch mit Blick auf das mit ihm in die Jahre gekommenen Publikum tun, das er immer mal wieder zensiert: „Oh Gott, seid ihr schon eingenickt“? „Die linke Seite dämmert etwas. Sie auf der rechten Seite sehen einfach intelligenter aus.“ Oder gerichtet an eine einzelne Frau: „Sie schauen mich den ganzen Abend so an, ich weiß gar nicht, wo ich noch hingucken soll.“

Er erzählt die Geschichte seiner Jugend. Von der Mutter, die wie die Callas ausgesehen habe und immer die Schallplatten von Bata Illic gehört habe. „Eine Zeitlang habe ich gedacht, ich bin der Sohn von Bata Illic, aber das haut nicht hin, weil ich besser aussehe als er.“ Er erzählt von dem Vater, der Cognac brauchte, damit er mal lacht. Von dessen Tod und dass dann für ihn begann, was er „Siegen und Verlieren“ nennt – das Leben.

Ernstes wechselt sich ab mit hinreißend Komischem und wunderbarer Musik, die sich einordnen lässt zwischen Jazz, Latin, Pop und Chanson. Hoffmann ist ein großartiger Interpret der Lieder von Jacques Brel. Sein Album „Klaus Hoffmann singt Jacques Brel“ sei hier empfohlen. Von dem singt er an diesem Abend zwei Stücke: „Marieke“ und „Bitte geh nicht fort“. Das begeisterte Publikum lässt ihn und seine virtuosen Musiker an diesem Abend erst nach mehreren Zugaben und knapp zweieinhalb Stunden fortgehen.
paperpress Nr, 630-13 vom 15.10.24
Zwischenbilanz
Das Ambiente war standesgemäß. Unter den Linden 8, Staatsbibliothek zu Berlin, Wilhelm-von-Humboldt-Saal. Wo anders hätte man das (bisherige) Le-
benswerk von Klaus Hoffmann feiern können.
Es war ein Familientreffen. Viele Gesichter kannte man von seinen Konzerten. Hoffmanns Fans, würde-
voll mit ihm gealtert, kennen vermut-lich keine Lebensgeschichte so gut, wie seine, die er bei seinen
Konzerten immer wieder erzählt, so auch gestern Abend.
André Schmitz, von 2001 bis 2006 Chef der Senatskanzlei beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, von 2006 bis 2014 Kulturstaatssekretär,
und heute Vorsitzender der Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e.V., versuchte sich an der Moderation des Abends, an dem Klaus Hoffmanns Buch
„Alle meine Lieder“ vorgestellt wurde. Sicherlich war Schmitz gut vorbe-reitet, Hoffmann durchkreuzte
aber immer wieder die beabsichtigte Reihenfolge, indem er in seiner Vita hin und her sprang. Ein Gespräch mit Klaus Hoffmann braucht keinen roten
Faden, viel wichtiger ist, dass er das macht, weswegen seine Fans vor allem gekommen sind, nämlich singen. Warum Schmitz zu Beginn des Abends er-
wähnen musste, dass er, Schmitz, schwul sei, erschließt sich mir nicht. Dass Klaus Hoffmann in jun-
gen Jahren ein hübscher Kerl war, wissen alle, egal welcher sexuellen Orientierung, die ihn von früher
kennen oder seine Fotos sehen. Und auch heute noch, mit 73 Jahren, ist Klaus Hoffmann ein sehr gut aussehen-der Mann, dem nicht nur weibliche
Fans, im übertragenen Sinne, zu Füßen liegen.
Es ist mehr als nur ein Buch, in dem die Texte seiner Lieder stehen. Es ist eine spannende Biografie, die seinen künstlerischen Weg als Schauspieler, Autor und Sänger mit viel Bildmaterial, von den Anfängen
bis heute beschreibt. Der Autor dieses Beitrages, der das Vergnügen hatte, mit Klaus von 1967 bis 1970 in einer Klasse die Berufsschule für Groß- und Außenhandelskaufleute in Schöneberg besucht zu haben, ist stolz, natürlich darauf, vor allem aber, dass es ihm nach Jahrzehnte langen Bemühungen gelungen ist, eine Korrektur an seiner Vita vorzunehmen; seine legendäre Reise nach Afghanistan fand nämlich nicht 1969, sondern erst nach der Berufsausbildung 1970 statt. Das musste an dieser Stelle einfach mal erwähnt werden.
Zu verdanken ist dieses wunderbare Buch vor allem Klaus Frau Malene Staeger, die im Impressum bescheiden unter „Lektorat“ aufgeführt wird, und Klaus langjähriger Assistentin Natalie Liverakos, die u.a. sein Büro am Kurfürstendamm managt.
Das Buch ist beim Westkreuz Verlag für 29,90 Euro erhältlich. Hoffmann sieht dieses Buch als Zwischenbilanz an.
Eine Abschiedstournee wie bei Vicky Leandros oder Peter Maffay steht nicht im Kalender. Zu sehen und zu hören ist er am 31. Dezember um 15:00 Uhr im Ernst-Reuter-Saal in Reinicken-
dorf.
Es geht also weiter, neue Lieder werden hinzukommen. Klaus Wunsch im Vorwort schließen wir uns
ausdrücklich an: „Möge es niemals enden."
Ed Koch
Mannheimer Morgen 04.10.2024:
Ansichten eines Philanthropen
Pop: Klaus Hoffmann mit 50. Album im Mannheimer Capitol
Von Ute Maag
Als Klaus Hoffmann zur "Tagesschau"-Zeit die Bühne des Mannheimer Capitols betritt, ist die Nachricht, der Iran habe Israel bombardiert, noch frisch. Solchem Wahnsinn kann auch er, der sich, anders als manche Kollegen seiner Generation, nie als politischer definiert hat, nicht entkommen. "Was ist los in der Welt?", fragt er also ratlos und seufzt, begleitet vom Applaus: "Wo sind eigentlich die Tyrannenmörder, wenn man sie mal braucht?"
Während der Pandemie habe er erstmals so eine Endzeitstimmung verspürt, erzählt er. Den Gedanken, aufzuhören mit dem Singen und Schreiben, hat er -zum Glück!- verworfen, stattdessen sind ihm "Flügel" gewachsen -so der Titel seines 50. Albums, mit dem der 73-jährige Chansonnier derzeit auf Tour seine Fans begeistert.
Ein Klavier, darauf ein Keyboard und eine Gitarre - mehr brauchen Hoffmann und sein langjähriger Pianist Hawo Bleich nicht, um musikalisch und gesanglich alle Register zu ziehen. Schon bei "Neuer Morgen", dem optimistischen Eröffnungssong des meuen Albums, zieht das Duo das durchweg lebenserfahrene Publikum in seinen Bann. Hits wie "Der König der Kinder" oder "Weil du nicht bist wie alle anderen", die Hoffmann unter die neuen Lieder mischt, erkennt es schon an den ersten Takten, ebenso seine deutschen Jacques-Brel-Interpretationen von "Ne me quitte pas" oder "Amsterdam".
Die neuen Melodien changieren zwischen Folk, Jazz, Pop, Blues und Chanson, die Texte sind heiter bis nachdenklich und handeln von der Liebe, vom Älterwerden und von Sehnsüchten - Resultat seiner Beobachtungsgabe und dem aufmerksamen Blick des Menschenfreundes.
Die Überleitungen gelingen dem schauspiel-erfahrenen Bühnentier und begnadeten Erzähler selbstironisch; pathosfrei und bisweilen im Stil eines Stand-up-Comedians - etwa, wenn er in Kindheits- und Jugenderinnerungen an die Nachkriegszeit schwelgt und schnoddrig genuschelt hofft, "dass das auch die Nachkriegszeit bleiben wird". Oder wenn er von Fernweh, seiner Reise Richtung Goa und Erlebnissen im Afghanistan der 70er Jahre berichtet. Oder wenn es ums Älterwerden und dessen Begleiterscheinungen geht. Auch das Publikum darf sich einiges anhören. "Kennen Sie Hannes Wader? Ja? Mein Gott, wie alt sind Sie?"
Vom mittlerweile 82jährigen Freund unterscheide ihn eines: "Ich wollte mit meinen Texten nie die Welt verbessern, ich wollte immer nur mein eigenes Lied finden", betont er.
Auch dem früh verstorbenen Vater, der krank an Körper und Seele aus dem Krieg kam, und dem Stiefvater ("der war gut zu mir") widmet er warmherzige Worte, ehe er mit dem letzten Lied, "Im nächsten Sommer sehen wir uns wieder", durch die Reihen der Zuschauer wandert.
So einfach gehen lassen die den Liedermacher jedoch nicht: Stehend erklatschen sie zwei Zugaben - und bei "Derselbe Mond über. Berlin" klappt dann auch das Mitsingen zur Zufriedenheit des Künstlers. Als die ersten schon gehen wollen,kommt er also doch nochmals auf die Bühne. "Adieu Emile" rundet diesen schwebend leichten und wunderbar sentimentalen Abend ab. Und damit geben wir ab zu den "Tagesthemen".
Main Post 30. Juli 2024
Ein fränkischer Sommernachtstraum beim Hafensommer mit einer Hommage an Würzburg
1200 Menschen genossen am Samstag "Songs an einem Sommerabend" beim Würzburger Hafensommer. Gleich zwei Preisträger hatten auf der schwimmenden Bühne ihren Auftritt.
Von Ursula Düring

Von der schwimmenden Bühne aus kündigt Kabarettist, Sänger und Musiker Matthias Brodowy, der später seine eigenen spannenden musikalischen Geschichten erzählen wird, einen fränkischen Sommernachtstraum an. Nachdem sich ein letzter Regenguss verzogen hat, strömen 1200 Menschen in den Alten Hafen, um beim Hafensommer Würzburg die legendären "Songs an einem Sommerabend" zu genießen, ein Veranstaltungsformat von Ado Schlier.
Antoine Villoutreix singt von Sternen am Himmel und einer Welt ohne Kriege
Die Feuersteins sind ein Duo aus Bochum. Mit Gitarre und Keyboard präsentieren sich Vater Guntmar und Tochter Emily, die mit "Das Spiel ist aus", einem von ihnen vertonten Gedicht von Ingeborg Bachmann, einen rhythmisch-poetisch-melodiösen musikalischen Akzent setzen.
Antoine Villoutreix, der in diesem Jahr den "Walther-von-der-Vogelweide-Preis" bekommt, hat seinen Wohnsitz von Paris nach Berlin verlegt. Begleitet von seiner Gitarre, singt der charmante Musiker auf Französisch und Deutsch von den Boulevards in Paris, vom Ende des Sommers, von den Sternen am Himmel, von einer Welt ohne Kriege.

Erdige Lieder und kompromisslose musikalische Statements hat der Liedermacher Dominik Plangger aus Südtirol mitgebracht. Seine von seiner Gitarre begleiteten Songs auf Deutsch, Italienisch und im Vinschgauer Dialekt sind kraftvoll, gesellschaftskritisch und hochpolitisch. Ihre leidenschaftlichen Klänge, ihr Geigenspiel und die Stimme seiner Frau Claudia Fenzl gehen unter die Haut.

Zu unzähligen Preisen, die Sänger, Schauspieler, Liedermacher und Autor Klaus Hoffmann schon erhalten hat, kommt an diesem Abend der "Walther-von-der- Vogelweide-Preis" für sein Lebenswerk. Er wird am Flügel von einem souverän aufspielenden Hawo Bleich begleitet. Hoffmann geht ins Publikum, augenzwinkernd, singt mit und ohne Gitarre vom Kleinbügermief, von Einsamkeit und seine besondere Version von Jacques Brels "Amsterdam".

Mit Allan Taylor kommt einer der ganz Großen der Folkmusik auf die schwimmende Bühne. Er singt von den Menschen, ihrer Liebe und ihren Problemen. Die warme, Ohren und Herzen umschmeichende Klangfarbe seiner Stimme schmiegt sich in die immer dunkler werdende Nacht.
Eine Hommage an Unterfranken und Würzburg und allerlei Nonsens bringt der Publikumsliebling des letzten Jahres mit, der Kleinkünstler Sven Garrecht: urkomisch und einfach nur amüsant.
Nicht mehr wegzudenken aus den Sommernachtssongs ist Carolin No. Mit einem Klangteppich aus Elektropianotönen, Schlagwerk und Gesang entführen das Duo Carolin und Andreas Obieglo nach Italien und rund um die Welt, bevor mit "Gute Nacht Freunde" ein atmosphärischer Abend zu Ende geht.
Billerbecker Anzeiger 23.04.2024:
Erinnerungen humorvoll vertont
Musikalische Lesung von Klaus Hoffmann zog aus einem weiten Umkreis rund 300 Besucher an
Von Elvira Meisel-Kemper
Klaus Hoffmann (73) ist für viele langjährige Fans seiner Lieder und seiner Bücher ein ewig gegenwärtiger Begriff. Deshalb war es auch kein Wunder, dass seine musikalische Lesung in der Geschwister Eichenwald-Aula über 300 Besucher mindestens aus ganz NRW anzog. Die Veranstaltung fand statt im Rahmen des Kulturprogramms der Stadt Billerbeck in Kooperation mit der Freilichtbühne.
Angelika Sattler aus Münster gehörte zu den vielen auswärtigen Fans: "Ich bin seit mindestens 45 Jahren Fan von ihm. Seine Lieder sind poetisch und durchaus rockig." Die Ära seiner engen Freunde Reinhard Mey und Hannes Wader waberte durch den Raum in der Art seines Vortrags seiner Lieder, die er mit der Gitarre begleitete. In seinen Songtexten und in seinen Büchern beleuchtete Hoffmann immer wieder die Vergangenheit, vor allem die Zeit des Schweigens der Elterngeneration nach 1945.
Hoffmann wurde 1951 in Berlin-Charlottenburg geboren. Sein Vater starb 1961. Von ihm übernahm Hoffmann die Liebe zur Musik und den Ausspruch "als wenn es gar nichts wär", der zum Titel seiner Biografie wurde, die 2012 erschien. Im Jahr 2000 erschien bereits sein Buch "Afghana" aufgrund seiner Reise 1968 als Hippie durch Iran, die Türkei und Afghanistan, die er beinahe nicht überlebt hätte. Beide Bücher hatte er mitgebracht. In einer Mischung aus Lesung und freier Erzählung plauderte er drauf los, unterbrochen nur von seinen Songs und immer länger werdendem Beifall danach.
Sein schwarz-ironischer Humor zog das Publikum zusätzlich lachend in den Bann. Bereits die erste Passage aus der Biografie offenbarte seinen ausgeprägten Hang zur Beobachtung, zum Inhalieren von Eindrücken aus seiner Kindheit und zur Ironie. "Diese ganze Kindheit steckt in mir drin wie ein Lebensmittel. Es war die Zeit wo man pünktlich war und wo man saubere Unterwäsche trug, bevor man aus dem Haus ging. Frauen waren damals die Starken, die zurückgekehrten Männer störten nur", so Hoffmann. Witze machte er auch über die Berliner und verband es mit der Frage ans Publikum: "Kennen Sie Berlin? Ach ja? Ich dachte, sie kommen hier nicht raus". Seine Eltern lernten sich nach 1945 an einem Brunnen in Berlin kennen.
Als sein ewig kranker und trauriger Vater gestorben war, fühlte er sich erstmals frei. Er fing an zu schreiben. 1968 reiste er durch den vorderen Orient mit seinem Hippie-Freund Siggi. Bei der Lesung aus dem Buch "Afghana" packte ihn die Dramatik der Erinnerungen, untermauert durch seine Körpersprache. Poetisch, voller
Mahnungen und Erinnerungen an seine ersten Lieben und seine vielen Erlebnisse waren auch seine Lieder. Als er "Blinde Katharina" intonierte, sang das ganze Publikum mit. Mechthild Blind aus Werne war eine der besonders aktiven Sängerinnen: "Ich bin seit 1979 Fan. Seine Texte stimmen mich immer wieder nachdenklich". Ohne Zugaben kam er nach stehenden Ovationen des Publikums natürlich nicht von der Bühne.
Berliner Morgenpost, 22. März 2024
Klaus Hoffmann erzählt von der Sehnsucht und vom Älterwerden
Von Felix Müller
Berlin.
Der Liedermacher stellt in der Bar jeder Vernunft sein 50. Album
„Flügel“ vor – und bringt das Publikum immer wieder zum Lachen.
Er habe vier oder fünf Kilo abgenommen, sagt Klaus Hoffmann am Anfang, aber wahrscheinlich merke das wieder kein Mensch. Dabei sind an diesem Abend in der ausverkauften Bar jeder Vernunft viele seiner treuesten Fans im Publikum. Man erkennt es
daran, wie schon nach wenigen Takten Jubel ausbricht und mitgesungen wird, wenn er seine größten Hits anstimmt. Hoffmann selbst freut sich über das Leuchten in den Augen der Gäste und begrüßt auch die beiden ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit und Michael Müller.
Stimmt schon, er sieht etwas schmaler und sportlicher aus, aber das ist ja nicht die Hauptsache. Er stellt an diesem Abend Songs aus seinem 50. Album vor, es trägt den Namen
„Flügel“. Es ist nicht selbstver-ständlich, dass es existiert. „Während Corona“, hat Hoffmann im Interview gesagt, „gab es tatsächlich eine Zeit, da saß ich in meinem alten Benz, bin so rumgefahren und hab gedacht, dass es doch eigentlich ganz schön sein müsste, jetzt aufzuhören. Die Frau ist zu Hause und kocht, die Katze im Garten, und Hoffmann hört sich
seine alten Lieder an.“
Wie schön, dass er dann spürte, noch nicht fertig zu sein mit seiner Musik und seinen Geschichten. Hoffmann ist ein begnadeter Erzähler, weil er genau weiß, dass man das Pathos großer Gefühle abfedern muss, um nicht davon erdrückt zu werden. Sein Mittel ist eine hinreißende Schnoddrigkeit, mit der sich oft ins Ungefähre nuschelt. Als junger Mann habe er rausgewollt in die Welt, sagt er zum Beispiel, nach Goa in Indien, der Weg dahin sei ja klar gewesen: „Dreilinden und dann...“ – und im schönen Wort „Dreilinden“ ist sie schon ganz enthalten, die kleine, etwas stickige Welt des alten West-Berlin, in die er 1951 geboren wurde
und die ihn geprägt hat.

Klaus Hoffmann: Beim „Mond über Berlin“ singen alle mit

Dazu kommt eine große Freude an der Selbstironie. Bei einem seiner frühen Auftritte sei er einmal für den seinerzeit längst verstorbenen Peter Hofmann gehalten worden, berichtet
Hoffmann zur Freude seiner Gäste. Oder das Konzert damals im weltgewandten Uelzen, als er sich gerade umgezogen hatte, zur Bühne zurückwollte und gefragt wurde, ob der Sänger denn auch noch komme. Hoffmann taucht tief ein in seine Kindheit in der Kaiser-Friedrich-Straße 3a, er erzählt von seinem todkranken, früh verstorbenen Vater, von seiner starken Mutter und von seinen Fahrten im Bus zu der Klöckner-Eisenhandel GmbH, wo er nach dem Realschulabschluss 1967 eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolvierte und die ganze Zeit den Herzenswunsch nach einem anderen Leben in sich trug.
Man kennt sie, diese Sehnsucht, von der Hoffmann immer wieder aufs Neue erzählt, auch in seinen neuen Liedern, die er hier mit Hawo Bleich am Flügel präsentiert. In allen Spielarten:
Chanson, Blues, Latin, Pop. Um die Weite der Welt geht es, um kleine Gesten, um Kinder und Engel und um die Liebe sowieso, das immer. Aber es ist eben auch ein sehr lustiger Abend. Aus seinen Bemerkungen zum Älterwerden, dem eigenen wie dem seines Publikums,
könnte Hoffmann mühelos ein ganzes Stand-up-Comedy-Programm bestreiten.
Arterienverkalkung oder auch nur graues Haar gehören zum Leben dazu. Jeder im Spiegelzelt weiß das, und umso inniger singen gegen Ende alle mit, als der Liedermacher „Derselbe Mond über Berlin“ anstimmt. Ein Song, der jung macht – egal, wie alt man ist.
Berliner Morgenpost 13. Dezember 2023
Kultur "Der Zustand der Welt macht mir Angst"
Liedermacher Klaus Hoffmann hat mit "Flügel" sein 50. Album vorgelegt. Ein Gespräch über Krisen, Trost und unerfüllte Wünsche
Regina Köhler
Der Liedermacher Klaus Hoffmann gehört zu den Großen seines Fachs. Mit "Flügel" hat er jetzt sein 50. Album vorgelegt. Auch in seinen neuen Liedern geht es um die Suche nach sich selbst, um Angst, Ermutigung und Zuversicht. Wir haben den Sänger in seinem Verlag am Kudamm getroffen und mit ihm über das Leben und über seine Arbeit gesprochen.

Während der Corona-Pandemie gab es eine Zeit, da wollten Sie am liebsten alles hinschmeißen. Jetzt ist Ihr 50. Album erschienen. Was ist passiert?
Klaus Hoffmann: Ja, während Corona gab es tatsächlich eine Zeit, da habe ich in meinem alten Benz gesessen, bin so rumgefahren und hab gedacht, dass es doch eigentlich ganz schön sein müsste, jetzt aufzuhören. Die Frau ist zu Hause und kocht, die Katze im Garten, und Hoffmann hört sich alle seine alten Lieder an. Ich hab mich gefühlt wie damals auf Bali, als ich glaubte, ich könnte surfen. Ich konnte es natürlich nicht und wäre fast untergegangen. Damals war ich bereit loszulassen. Aber dann hat mich jemand gerettet. So war es jetzt wieder. Die Musik hat mich gerettet, die Geschichten, die ich erzählen kann, retten mich. Musik zu machen, hat mich immer erfüllt. Ich bin einfach noch nicht fertig damit.

"Flügel" heißt das neue Album. Mit Flügeln kann man abhauen oder aufbrechen oder einfach in den Himmel aufsteigen und die Welt von oben betrachten. Wozu sind Ihre Flügel da?
Flügel zu haben, kann dies und das bedeuten, erinnert mich aber auch an Bilder aus der Renaissance. Die vor uns haben das alles kapiert, kannten das Licht und den Schatten. Die Kriege damals waren mannigfaltig und furchtbar. Und auch wir sind jetzt wieder mittendrin. Wir brauchen schützende Engel, aber auch einen gewissen Zorn, um in der Welt zu bestehen.

Auch in Ihren neuen Liedern sind Sie wieder auf der Suche nach sich selbst, nach dem Kind, das Sie mal waren. Es ist aber auch viel Zeitgeist zu spüren, ein großer Schmerz darüber, was gerade passiert in der Welt. Wann sind diese Lieder entstanden?
Ich habe lange daran gearbeitet, zwei Jahre insgesamt. Und ja, es geht in diesen Liedern nicht nur um meine Frau Malene, um unseren Garten oder so. Es geht auch um unsere Gegenwart, um den Zustand der Welt, der mir Angst macht, mich hilflos sein lässt. Wenn Freunde sich früher gewünscht haben, dass ich nicht nur Persönliches erzähle, sondern auch von unserer Zeit, habe ich immer gedacht, dass ich keine Sprache dafür hab. Jetzt aber muss ich mich bekennen, jetzt drängt die aufwühlende Gegenwart in meine Lieder. Ich bin kantiger geworden.

Das ist zu hören. Aber auch Trost. Ganz besonders etwa bei "Oh mein Gott ist weit". Wollen Sie Ihre Zuhörer trösten?
Ja, wahrscheinlich tröste ich. Aber ich tröste auch mich selbst. Alles um mich brennt. Ich muss der Feuerwehrmann sein. Gleichzeitig weiß ich, die Welt ist nicht nur schlecht. In mir ist auch Vertrauen gewachsen. Das will ich weitergeben. "Neuer Morgen" ist so ein Lied. Darin die Gewissheit, dass etwas Neues beginnt, alles gut werden kann.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie an neuen Liedern arbeiten? Wie fühlen Sie sich da? Was sagt Ihre Frau, die ja am dichtesten dran ist?
Ich bin angespannt, öfter auch unleidlich. Auf die Frage wie sie damit umgeht, hat Malene mal gesagt, dass sie sich dafür entschieden hat, das auszuhalten. Jetzt, wo das neue Album raus ist, geht's mir wieder besser. Ich kann aufatmen und langsam wieder lachen.

Wer darf ein neues Lied zuerst hören - ist das Malene?
Das ist ein schwieriges Gelände. Ich bin da ziemlich gehemmt, nehme die Enttäuschung meistens lieber vorweg. Eigentlich will ich es garnicht vorsingen. Jeder bewertet so ein Lied ja anders, jeder hört etwas anderes. Am besten, es hört jemand, der nicht so nahe an mir dran ist. Am Ende ist es dann aber doch Malene, die neue Lieder als Erste hören darf.

Darf sie dann auch etwas dazu sagen?
Gewisse Sachen schon. Wobei ich das dann oft auch wieder gar nicht aushalte. Man stelle sich eine Szene von Loriot vor: Das kann durchaus tragisch-komisch werden bei uns (lacht).

Sie haben "Flügel" im August dieses Jahres in einem kleinen Münchner Studio aufgenommen zusammen mir Ihrer Band. Hatten Sie eine gute Zeit?
Das waren zehn wunderbare Tage, ein Glücksfall für mich. Von 9 bis 18 Uhr haben wir im Studio zusammengesessen und gearbeitet. Die Band und ich im Kreis. So wie ich mir das immer gewünscht habe. Dann ging es in den Biergarten. Dort gab's gutes Essen und Münchner Bier. Tagsüber haben wir also angestrengt gearbeitet und abends viel gelacht.

Dieses Jahr ist gleich zu Ende. Was wünschen Sie sich vom neuen?
Es soll besser werden, so viel steht fest. Da denke ich natürlich vor allem an das Weltgeschehen. Angesichts all dieser furchbaren Nachrichten, der Kriege, des Aufrüstens ist mir angst und bange. Aber auch für mich war 2023 ein hartes Jahr. Es ist nicht leicht, sich als Künstler durchzuschlagen. Und die Corona Zeit hat schon dazu geführt, dass ich Existenzängste hatte. Hinzu kommt das Älterwerden. Da springst du nicht einfach mehr so leicht und frei durch die Gegend. Da wird dir mehr und mehr bewusst, dass so viel Zeit nicht mehr bleibt. "Wer geht zuerst" ist so ein Lied, das ich seit Längerem im Kopf hab. Meine Frau und ich haben ja eine sehr symbiotische Beziehung. Da ist dieses Thema jetzt schon deutlich präsenter für mich.

Wen würden Sie gern noch treffen, mit wem gern noch arbeiten?
Jil Sander, die würde ich gern mal treffen. Wir würden uns angucken und uns freuen, beim jeweils anderen andere Dinge zu entdecken. Die Frau ist eine große Künstlerin und sie hat eine klare Haltung in ihrer Mode. Das gefällt mir. Van Morrison oder Bob Dylan hätte ich auch gern mal getroffen. Aber das schaffe ich wohl nicht mehr. Ich wäre dann wahrscheinlich eh zu schüchtern und würde die falschen Fragen stellen. Und Joni Mitchell, die hatte einen Schlaganfall...

Begonnen haben Sie Ihre Karriere als Schauspieler. Für die Rolles des Edgar Wibeau in Ulrich Plenzdorfs "Die neuen Leiden des jungen W." sind Sie vielfach ausgezeichnet worden. Würden Sie da gern noch mal anknüpfen?
Ja, ich würde gern mal wieder Schauspieler sein, in einem Film mitmachen. Natürlich nur, wenn das eine gute Geschichte ist, die da erzählt wird.

Wann und wo können wir Sie mit ihren neuen Liedern in Berlin erleben?
Silvesternachmittag wird es wieder eine Show im Festspielhaus am Potsdamer Platz geben. Und im kommenden Jahr sind wir im März in der Bar jeder Vernunft sowie ab November in der Philharmonie. Etliche Termine für eine Tour durch ganz Deutschland stehen ebenfalls schon fest. Weitere werden sicher dazukommen.

Sie werden also weitermachen. Glauben Sie, dass Kunst etwas bewirken kann?
Auf jeden Fall. Ich bin da ganz bei John Lennon. Den ich leider auch nie getroffen habe. Wie überhaupt keinen der Beatles, obwohl die für mich die Größten sind. Weil es die Beatles gab, kann die Welt so schlecht nicht sein, daran glaube ich ganz fest. Genau wie daran, dass Kunst ein Lebensmittel ist. Wer ihr begegnet, kann motiviert werden. Und sei es nur, in die Welt zu gehen, um dann festzustellen, dass es in der Mark Brandenburg doch am Schönsten ist. Als Künstler bin ich ahnungsvoll. Lösungen für all die Probleme der Welt habe ich allerdings auch nicht. Aber ich bin auf der Seite der Schwachen. Das war ich immer. Wobei ich mir manchmal wünschte, noch etwas stärker und mutiger zu sein.

Termine in Berlin: 31.12.2023, 15 Uhr, Komödie im Theater am Potsdamer Platz.
20.3.-24.3.2024, Bar jeder Vernunft; 27.11.2024, Berliner Philharmonie.
Die Rheinpfalz Nr. 280 vom 02.12.23
Rock/Pop
Klaus Hoffmann: Ein nachdenklicher Songpoet
Während der Corona-Monate, das
streut Klaus Hoffmann in Inter-
views immer wieder ein, ist er in sei
nem alten Wagen im Berliner Um-
land umhergefahren und hat sich
seine alten Platten angehört. Wenn
er in diesen Tagen mit seiner neuen
CD „Flügel“ losdüst, dürfte ihn ein
Gefühl der Freude begleiten.
Denn seine 51. Veröffentlichung ist
sehr schön geworden. Hoffmann –
einer der größten deutschen Song-
poeten. Der 72-Jährige gibt sich be-
tont geerdet, „Flügel“ ist ein nach-
denkliches Album mit vielen Facet-
ten. Er widmet sich der Zeit nach der
Pandemie. Hoffmann erweist sich
einmal mehr als großer alter Roman-
tiker, er preist die Liebe. Der Berliner ist, na klar, ein unver-besserlicher Markenbotschafter seiner Stadt.
Nostalgisch schaut er zurück auf seine Jugend und streift mutig in zwei Liedern das Thema Krieg. Der gepriesene Jacques-Brel-Interpret singt diesmal Charles Aznavour. Berührend!
DAS ALBUM
— Klaus Hoffmann. „Flügel“, erschienen bei stille-music
Musicheadquarter.de, Internet Musikmagazin 26.11.23
Klaus Hoffmann wachsen neue Flügel
Klaus Hoffmann "Flügel"
Unsere Wertung: 9 von 9 Punkten.
Klaus Hoffmann wachsen neue „Flügel“

Selbst der große Chansonnier unter den deutschen Liedermachern wird nicht jünger. 72 Jahre hat der Berliner Klaus Hoffmann schon auf dem Buckel. Und wie ein guter Wein wird er von Jahr zu Jahr besser. Seit Jahrzehnten irgendwie auf dem schmalen Grat zwischen Geheimtipp und Star. Die Alben nie so ganz weit vorn in den Charts, aber immer im Auge der Medien. Er singt Lieder von Jacques Brel, spielt mit Wortwitz und seiner Berliner Schnauze. Doch seit einigen Jahren schon werden die Alben schwermütiger und sehnsuchtsvoller. Man nehme das melancholische „Aquamarin“ aus dem Jahr 2018 und die wundervolle Magie von „Septemberherz“ im Jahr 2020.

Auch das neue Album „Flügel“ bietet eine eigene musikalische Mixtur aus Pop, Jazz und akustischem Folk, gepaart mit feinen Streicherarrangements. Da findet sich eine Reihe von sanften Juwelen im Songwriting, mal mit akustischer Gitarre, mal am Piano begleitet. Die Texte folgen dem Puls der Zeit. „Neuer Morgen“ versprüht noch Optimismus und „Kinder“ baut auf die nachfolgende Generation, doch „Bin nicht Meer, bin nicht Strand“ liefert Erinnerungen an die Nachkriegszeit und einen verzweifelten Blick auf den Krieg in der Ukraine.

Für Hoffmannsche Verhältnisse ist es ein lautes Album. Laut auch in den Texten. Texte die sich, selbst wenn sie Unterschiedliches benennen, aufeinander beziehen, ergänzen und verstärken – wie Ying und Yang. „Kein Held“ liefert ein beschwingtes Arrangement zu bedrückenden lyrischen Zeilen. Der Protagonist weiß, was es heißt, fremdbestimmt in Konflikte geschickt zu werden, welche nicht die eigenen sind.

Da ist der Jüngere, 20-Jährige, der sich naiv und arrogant eine Welt erfand („Ich versuch’s“), und den dennoch oder gerade deshalb so viel mit dem fragenden und vertrauenden Älteren („Was machst Du mit dem Rest dieser Zeit“) eint. Einem Älteren, dem aller vergeblichen Sehnsucht zum Trotz, gerade deshalb die Hoffnung innewohnt („Im nächsten Sommer sehen wir uns wieder“). Und dennoch steht über allem der Klaus Hoffmann der Gegenwart. Hoffmann, der spürt, wenn eine zweite Singstimme der atmosphärischen Tiefe eines Liedes dienlich ist: Caroline von Brünken auf „Oh mein Gott ist weit“.

Hoffmann hatte sich immer stilistisch dem Chanson verschrieben. Auch hier stehen zwei Songs von Charles Aznavour und Michel Legrand Pate, denen er einen deutschen Text verliehen hat. So klingt er meist wie der Barpianist von nebenan. Doch es gibt auch südländische Klänge wie bei „Was dir dein Herz erzählt“. Und die Streicherarrangements in vielen Stücken klingen lieblich und durchdringend zugleich.

„Flügel“ wird im Promotext als 50. Album des Berliners beworben. Müde klingt er jedenfalls nicht. Vielmehr erweist Klaus Hoffmann sich als großer Geschichtenerzähler und feinsinniger Beobachter. Die Welt zeigt ihren verstörenden Charakter – seine Lieder aber tragen immer einen Hauch Zuversicht in sich. Bleibt zu hoffen, dass er Recht hat und uns noch lange mit solch schönen Alben beglückt.
Aachener Zeitung 17.11.23
Neue Alben der Woche
Flügel der Sehnsucht, verruchte Chansons und federleichte Vokalisen
Man muss sich nicht alles anhören, was an Musik erscheint. Es gibt aber Alben, denen sollte man aus unterschiedlichen Gründen Gehör schenken. Unsere Auswahl der Woche.
VON MICHAEL LOESL
Klaus Hoffmann: „Flügel“
14 neue Stücke hat der Berliner Lebenschronist und Musiker Klaus Hoffmann für sein 50. Album geschrieben. Die nahm er wie gewohnt mit einer Reihe von Instrumentalisten-Exzellenzen auf, deren Fingerspitzengefühle das Chanson schwingend-unbeschwert mit Jazz-Harmonien veredeln. Hoffmann selbst ist hingegen inhaltlich frisch auf der Flucht vor dem Stelldichein zwischen Rente und Nostalgie, in dem etliche seiner Altersgenossen begriffen sind und ihre Kreise ziehen. Frankreich, Aznavour und das Mittelmeer lassen ihm dabei Flügel der Sehnsucht wachsen. Freiheit, das wär’s! Aber wohin damit, wenn die Haltegriffe fehlen? Der 72-jährige Songwriter sagt: „Ich versuch’s“. Gemeint ist der Traum vom Biegen des Horizonts und vom Kitten der Risse, die die Liebe geschlagen hat, mit Liedern. Die werden dank farbenprächtiger Arrangements und Hoffmanns Erzählkunst schnell zu Wegbegleitern fürs Leben. Echte Freunde schrecken ja auch nicht vorm Blick in der Untiefen der Seele zurück. (ML)
HÖR ZU und GONG NR. 47, Unterhaltung/die wichtigsten Neuheiten auf einen Blick
Klaus Hoffmann - Flügel
LIEDER Poesie und Protest, Traurigkeit und Tanz - bei Klaus Hoffmann passt alles wunderbar. Der Liedermacher ist mit 72 Jahren auf der Höhe seiner Kreativität. Lebenserfahrung kombiniert er mit musikalischer Souveränität und textlicher Reife zu einer melancholischen Melange, die berührt. Verzückend.
MUCKE UND MEHR, Online Magazin
CD-Rezension "Flügel", Klaus Hoffmann
Liedermacher Klaus Hoffmann beschert auf “Flügel” gewohnt gute Stücke über Aufbruch, Liebe und Melancholie
verfasst von Tobi 3. November 2023

Wenn Klaus Hoffmann am 17. November 2023 seinen neuen Longplayer “Flügel” veröffentlicht, dann handelt es sich hierbei um sein sage und schreibe 50. Album. Aus seinem seit 2008 gewohnten Rhythmus, alle zwei Jahre ein Studioalbum heraus zu bringen und in den Jahren dazwischen stets einen dazugehörigen Livemitschnitt, hat ihn die Pandemie allerdings gebracht.

Im Oktober 2018 schloss Klaus Hoffmann mit seinem Album “Aquamarin” eine Trilogie ab, die mit “Sehnsucht” 2014 begann und mit “Leisen Zeichen” 2016 fortgesetzt wurde. Mit “Septemberherz” legte er dann im Herbst 2020 inmitten aller Corona-Beschränkungen zwar einen weiteren Longplayer vor, live ging hier erst einmal aber natürlich gar nichts und dann nur in kleinem Rahmen. Die Tour zog sich mit Verschiebungen sogar bis ins Jetzt, wo er gerade noch die letzten Konzerte gibt (lies unseren Bericht aus Leverkusen), weswegen es diesmal auch keinen Mitschnitt gab und Hoffmann lieber an neuen Stücken arbeitete.

Klaus Hoffmann (Foto: © Malene)
Diese liegen nun vor, drei Jahre nach “Septemberherz”, mit den 14 Liedern auf den 46 Minuten des neuen Albums “Flügel”. Klaus Hoffmann bleibt sich natürlich treu und bietet wieder abwechslungsreiche, teilweise chansoneske angelegte Lieder mit stets ansprechenden Texten über das Leben und die Liebe, wobei er über sich und seine Erfahrungen und Gefühle singt, man sich aber häufig wiedererkennen kann, und die Liebe ist nicht immer nur die zwischen zwei Menschen, sondern auch sinnbildlich und humanistisch gemeint.

Ein “Flügel” betiteltes Lied findet man nicht, aber diese stehen wohl sinnbildlich für eine gewisse Aufbruchsstimmung, die hin und wieder durchklingt und die man in der Pandemie ja auch so sehr brauchte, um Hoffnung und Kraft nicht zu verlieren. Im eröffnenden, beschwingten “Neuer Morgen” singt Hoffmann über Segel, die er setzen möchte, “Im nächsten Sommer sehen wir uns wieder” freut sich auf freudige kommende Treffen mit Musik und einem Gläschen Wein, und im getragenen “So fängt es an” geht es auch darum, anfängliches, flügellahmes Empfinden zu überwinden, sich zu öffnen und zu entwickeln.

Wie immer fließt hin und wieder Melancholie ein, aber nie aufsteckend oder allzu niedergeschlagen, denn Hoffnung gibt es immer. “Kinder” preist die Unbeschwertheit der Kleinen auch in für Erwachsene fordernden Zeiten, und das jazzig sanfte “Was machst du mit dem Rest deiner Zeit” – Interpretation eines Titels von Michel Legrand aus dem Film “Happy End für eine Ehe” – schaut auch im Alter noch auf kommende gute Tage und die Kraft einer gesunden Liebe. Diese beseelt auch das schöne, seicht groovige “Du und ich” und steht im Mittelpunkt des dann doch traurig anmutenden “Vergiss mich”, wobei es hier um den Abschied von einer geliebten, weg ziehenden Person geht. Hier wie auch beim Glauben in orientierungslosen Zeiten thematisierenden “Oh mein Gott ist weit” singt Caroline von Brünken als ergänzende Stimme mit Hoffmann, was gut passt.

Wie gewohnt erzählt Hoffmann aus dem Leben und wird hierbei nicht groß politisch, dafür gibt es andere. Aber natürlich geht die heutige Zeit auch an seinen Stücken nicht vorbei, fließt die schlimme Situation in der Ukraine in “Bin nicht Meer, bin nicht Strand” mit ein und handelt “Kein Held” doch von Soldaten, die ohne es zu wollen in den Krieg ziehen müssen. Berlin hingegen, die so oft schon thematisierte, geliebte Heimatstadt, spielt diesmal keine besondere Rolle in den Texten, auch wenn im gutgelaunten “Was dir dein Herz erzählt” kurz “meine Stadt” erwähnt wird.

Nicht vergessen werden darf die schöne Ballade “Ich versuchs” als Interpretation des Stücks “Hier encore” vom 2018 verstorbenen Charles Aznavour und als Rückblick auf ein jüngeres, damals noch naives Ich mit 20 Jahren. Und abschließend gibt es noch das berührende “Manchmal” in einer Demoversion, das er im Booklet der im März verstorbenen Antje Vollmer widmet, von der er 2005 eine Lesung musikalisch begleitete und mit der ihn seine Karriere immer wieder mal zusammen führte.

Das Album wurde ansonsten innerhalb nur einer Woche im August im Münchener Weryton Studio mit Hawo Bleich (Klavier, Keyboard), Micha Brandt (Gitarren) und den Brüdern Peter (Bass) und Walter Keiser (Schlagzeug) eingespielt, nach Corona also wieder zusammen in einem Raum und in kurzer Zeit, was dem von Hoffmann selbst produzierten und erneut von Berthold Weindorf abgemischten Album etwas Flair eines Liveauftritts verleiht und eine gute Atmosphäre spüren lässt.

Der 1951 in Berlin geborene Liedermacher, der auch als Schauspieler und Autor aktiv war, wird auch mit 72 Jahren nicht müde und erfreut seine treuen Fans erneut mit Liedern, die sich wunderbar anhören lassen und bei denen man sich schon freut, sie dann 2024 irgendwann live erleben zu können. Dass hier dann sogar eine Tournee mit Orchester diskutiert wird, kann man in unserem Interview mit Klaus Hoffmann ebenso erfahren wie vieles mehr zum neuen Album und seinen Gedanken zur Zeit.

Hier die letzten Termine von Klaus Hoffmanns “Septemberherz”-Tour, jeweils begleitet von Hawo Bleich am Flügel- Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):

27.10.2023 München, Lustpielhaus
16.11.2023 Pforzheim, Kulturhaus Osterfeld (Ersatztermin für 20.04.23)
17.11.2023 Baden-Baden, Kurhaus Baden-Baden (Ersatztermin für 19.04.23)
18.11.2023 Mainz, Frankfurter Hof
26.11.2023 Berlin, Bar Jeder Vernunft

Zusätzlich gibt Klaus Hoffmann, ebenfalls begleitet von Hawo Bleich am Flügel, unter dem Motto “Ein Nachmittag mit Klaus Hoffmann” noch ein Silvesterkonzert am 31. Dezember 2023 um 15 Uhr in Berlin in der Komödie am Kudamm im Theater am Potsdamer Platz, bei dem er “aus seinen schönsten Liedern” singt.

Und ein erstes Konzert zu “Flügel” ist in der Auftrittsliste auf Klaus Hoffmanns Website auch bereits zu finden, am 7. April 2024 im Dresdener Staatsschauspiel (Kleines Haus), begleitet von Hawo Bleich am Flügel.

stille-music.de

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